Ich habe eine kurze, einfache Aufgabe* für Sie. Bitte antworten Sie schnell und intuitiv!
Die Frage lautet: Wer ist sympathischer?
Alan: intelligent, fleißig, impulsiv, kritisch, eigensinnig, neidisch
Ben: neidisch, eigensinnig, kritisch, impulsiv, fleißig, intelligent
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Halten Sie auch Alan für sympathischer? Dann geht es Ihnen so wie mir und auch vielen anderen. Oder Sie haben sich für die Antwort etwas mehr Zeit gelassen und gemerkt, dass Alan und Ben absolut identische Eigenschaften aufweisen – nur in der umgekehrten Reihenfolge.
Der Halo-Effekt überstrahlt alles
Beide Personen sind nach diesen zugeschriebenen Eigenschaften völlig gleich zu bewerten, doch finden wir Alan viel sympathischer. Wir erliegen damit dem Halo-Effekt, zu deutsch auch Heiligenschein-Effekt genannt. Die ersten positiven Eigenschaften überstrahlen alles weitere, auch die dann folgenden negativen Eigenschaften.
Das ergeht uns in der Realität leider häufig genauso: Wenn wir einen Bewerber treffen, überstrahlt der erste Eindruck schnell das weitere Gespräch. Wenn mehrere Handlungsalternativen zur Auswahl stehen, ändern wir unsere Meinung ungerne nach der ersten Einschätzung.
Was kann ich tun?
Zunächst mal, machen Sie sich bewusst, was der Halo-Effekt gerade mit Ihnen macht. Das hilft schon etwas. Und danach bewerten Sie nicht eine Option alleine für sich, sondern gehen Sie alle Optionen Merkmal für Merkmal durch. Nehmen Sie sich ein Kriterium vor und vergleichen Sie alle Optionen. Erst danach gehen Sie weiter zum nächsten Kriterium und bewerten dazu alle Optionen. Damit verhindern Sie, dass eine positive Bewertung des ersten Kriteriums auf die weiteren Kriterien überstrahlt und Ihr Endergebnis deutlich objektiver ist.
*Quelle: Daniel Kahnemann: Schnelles Denken, Langsames Denken; Pantheon 2015 (Amazon-Link)