Das Projekt steht kurz vor dem Kollaps oder die Geschäftsziele sind in akuter Gefahr? Dann schlägt die Stunde der Manager! Und hier trennt sich mal wieder die Spreu vom Weizen…
Wenn es im übertragenen Sinne lichterloh brennt in einem Unternehmensbereich, dann steht die verantwortliche Führungskraft sofort unter großem Druck. Alle Augen sind jetzt auf sie gerichtet und beobachten argwöhnisch jede Bewegung. Manche hoffe auf schnelle Lösung, andere mögen vielleicht persönlich von einem Schaden profitieren wollen.
Task Force als Krisenhilfe
Der verantwortungsbewusste Manager muss jetzt beweisen, dass er Krisen meistern kann. Daher wird er schnell reagieren und alle verfügbaren Kräfte zusammenziehen: Die Task Force wird gegründet. Jede helfende Hand wird rekrutiert und andere Aufgaben müssen kurzzeitig zurückstehen. Mit einem starken Team und eindeutigem Fokus wird das akute Problem angegangen.
Dabei passiert es gerne, dass der Manager selbst mit anpackt und im Projektraum oder auf dem Shopfloor zu sehen ist. Er zeigt sich gerne hemdsärmelig und kollegial, er ist ein Vorbild und will die Task Force mitreißen. Dabei werden häufig Hierarchien und bisherige Prinzipien außer Kraft gesetzt, um schneller und direkter agieren zu können. Entscheidungen werden direkt im Team getroffen und sofort umgesetzt. Und weil alle bereit sind, die extra Meile zu gehen, wird das Problem auch schnell gelöst sein.
Task Force als Blendwerk
Einerseits ist es sicher beeindruckend, wenn hochrangige Führungskräfte im Krisenfall mitarbeiten. Andererseits gibt es große Risiken und Nachteile bei diesem Vorgehen:
- Der Manager ist sosehr auf dieses eine Problem fokussiert, dass er den Überblick über den ganzen Bereich verliert. Während hier ein Feuer gelöscht wird, entsteht an anderer Stelle aus einem kleinen Funken unerkannt der nächste Brand. Und so wird unser Manager zu einem Meister der Krisenbewältigung, der nur von Brandstelle zu Brandstelle eilt.
- In diesem Krisenmodus zählen schnelle Entscheidungen und entschlossenes Handeln. Dabei werden die Experten und andere Wissensträger schnell an den Rand gedrängt. Es zählt nicht die ruhige Analyse und die Erfahrung der letzten Jahre, sondern nur noch der große Wasserschlauch.
- Beim Feuerlöschen geht es nur um Schadensbegrenzung, nicht um Ursachenforschung. Es stellt sich die Frage, ob das Problem überhaupt richtig erkannt wurde, wenn sofort Maßnahmen umgesetzt werden. Und wer sich keine Zeit für eine Untersuchung lässt, der behandelt letztendlich nur noch Symptome.
In jedem Fall wird das Grundübel vorhanden bleiben, die Probleme werden schnell wiederkehren oder sich in anderen Symptomen manifestieren.
Tiger Team mit Wirkung
Das Tiger Team (zur Herkunft des Begriffs später mehr) verfolgt im Gegensatz zur Task Force einen anderen Ansatz: Anstatt sich sofort mit aller Kraft auf das Problem zu stürzen, tritt der verantwortliche und eben auch verantwortungsvolle Manager zunächst einen Schritt zurück. Anstatt hinein zu zoomen, wird zunächst heraus gezoomt. Im ersten Schritt gilt es zu reflektieren und zu analysieren. Hierzu werden die besten Kräfte zusammengezogen, und das sind jetzt die Experten und Problemlöser.
Deren Aufgabe ist es zunächst, die Grundursache zu ermitteln. Das englische Wort root cause beschreibt sehr gut die Suche nach der Wurzel des Problems. Diese Ursachen liegen häufig im Verborgenen und sind nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Mit Hilfe der richtigen Methode, zum Beispiel der 5-Why-Analyse, lässt sich die Ursache immer weiter eingrenzen. Und wenn die Grundursache bekannt ist, dann liegt die Lösung bereits auf der Hand. Die notwendigen Gegenmaßnahmen können vor ihrer Umsetzung noch in kleinem Rahmen schnell getestet werden, um ihre Wirkung zu überprüfen.
Die Rolle der Führungskraft ist dabei die eines Mentors, der durch Fragen führt. Er leitet die Experten in der Methode an und hält sich selbst mit Lösungsvorschlägen zurück. Bald schon werden die Experten mehr über die Probleme und deren Ursachen und Zusammenhänge wissen als die Führungskraft. Der Manager achtet auf die Vorgehensweise und den Prozess, um den richtigen Zeitpunkt für die Umsetzung nach der Analyse zu finden.
Warum Tiger Team? Bereits in den 60er Jahren hat die NASA ein Team von unabhängigen Experten zusammengestellt, dass alle möglichen Fehler und deren Ursachen an einer Raumfähre herausfinden sollte. Das Tiger Team kennzeichnet sich durch erfahrene Mitglieder, die aus mehreren Fachbereichen stammen, konstruktiv zusammenarbeiten und die Autorität für Entscheidungen haben.
Ursachen abstellen statt Feuer löschen
So naheliegend eine schnelle Entscheidung auch sein mag und so mächtig ein mutiges Handeln auch wirken mag, die Task Force kann auch zu schweren Fehlern führen. Wer aus den Symptomen direkt Schlussfolgerungen zieht und fokussiert mit Maßnahmen startet, der wird keine Gelegenheit haben, die Ursache zu erkennen und abzustellen. Um aus dem ewigen Feuerlöschen heraus zu kommen, ist es notwendig einen Schritt zurück zu treten. Die besten Kräfte sollten für die Ursachenermittlung freigestellt werden und nur methodisch durch Fragen gelenkt werden. Wenn in der gebotenen Sorgfalt die Grundursache erkannt ist, liegen die Gegenmaßnahmen auf der Hand und sollten entsprechend Wirkung zeigen.